Pressemitteilung vom 25.04.2013
FREIE WÄHLER halten Meeting zu Infrastrukturmaßnahmen
Massiver Eingriff im Reichswald befürchtet - Andere Lösungsansätze vorgestellt
LEINBURG - Die einzelnen FW-Ortsverbände des Landkreises Nürnberger Land beschäftigen sich schon seit geraumer Zeit mit dem großen Themenkomplex der Nutzung regenerativer Energien und dem Erstellen eines regionalen Energie-Masterplanes. Um sich darüber zu informieren, welche Wege andere Städte und Gemeinden gehen und wo es Synergieeffekte und daraus resultierende Vernetzungsmöglichkeiten geben könnte, trafen sich die FREIEN WÄHLER auch mit Vertretern von regionalen Bürgerinitiativen zu einer gemeinsamen Sitzung in Leinburg. Dabei wurde auch die Thematik der Eingriffe wegen Infrastrukturmaßnahmen in den schützenswerten Bereich des Lorenzer Reichswaldes näher erörtert.
Nach der Begrüßung durch den Gastgeber Peter Dietl, Vorsitzender der FWG Leinburg, und der Initiatorin Cordula Breitenfellner, FW/UNA-Vorsitzende aus Altdorf, erhielten die Teilnehmer durch Herbert Fahrnbauer, Sprecher der BI "Moosbach/Birnthon - zum Erhalt des Nürnberger Reichswaldes", Wolfgang Hermes, Sprecher der BI "Keine Stromautobahn über Winkelhaid" und Gerhard Fiedler, Sprecher der BI "Energiestadt Altdorf" umfassend Einblick in die Beweggründe und den derzeitigen Stand der verschiedenen Verfahren. "Als Bürgerinitiativen vertreten wir keine Einzel-, sondern die Interessen viele Bürger vor Ort. Da wir leider bei vielen Ämtern und Behörden nicht so Gehör finden, tragen wir unsere Anliegen auch den gewählten politischen Mandatsträgern vor, um gemeinsame Lösungsmöglichkeiten zu finden bzw. andere Lösungsansätze einzufordern. Auch das Ausschöpfen der uns offen stehenden juristischen Möglichkeiten muss leider immer wieder ins Auge gefasst werden", sind sich die Vertreter der verschiedenen Bürgerinitiativen einig. Die FREIEN WÄHLER möchten mit diesem Treffen im Rahmen ihrer politischen Möglichkeiten zur Deeskalation und Findung von sachorientierten und zukunftsweisenden Lösungsvorschlägen beitragen.
Zur Umsetzung der Energiewende mit dezentraler Energieversorgung ist nicht nur ein nationaler Energie-Masterplan, sondern auch eine an jede Region individuell angepasste Bedarfsplanung von Nöten, sind sich die FW-Vertreter einig und weiter: "Die Energiewende wird nicht einfach, aber sie steckt voller Chancen: für eine lebenswerte Umwelt für uns und die kommenden Generationen, für hunderttausende zukunftssichere Arbeitsplätze und für eine Unabhängigkeit unserer Volkswirtschaft von Rohstoffimporten und steigenden Energiepreisen. Der Weg in das Zeitalter der erneuerbaren Energien ist der bislang einzige Vorschlag, wie wir aus der Nutzung der Kernenergie mit ihren hohen Risiken im Betrieb und der ungelösten Endlagerfrage aussteigen können. Die Energiewende liegt dabei nicht nur in der Hand des Staates, eine entscheidende Rolle spielen auch die Kommunen und die Bürger. Die FREIEN WÄHLER wollen deshalb gemeinsam mit den Bürgern und den Kommunen die Energiewende voranbringen und damit auch die Möglichkeit der Mitgestaltung und die regionale Wertschöpfung steigern und so für dauerhaft bezahlbare Strompreise sorgen."
"Angesichts der überalterten Energieversorgungsstruktur müssten auch ohne Energiewende Milliardenbeträge im Stromsektor investiert werden. Jetzt besteht die Chance das bundesweite Stromnetz intelligent auszubauen. In naher Zukunft sollte es dabei die technischen Voraussetzungen erfüllen, dass die Verbraucher auch Erzeuger sein können. Zudem sollte jede Kommune bei der künftigen Ausweisung von Baugebieten auch die sinnvolle Versorgung mit regenerativen Energien vorsehen, u. a. mittels gemeinsam betriebenen Heizanlagen basierend beispielsweise auf Geothermie, Biogas oder Biomasse und dadurch viel gezielter zur Energiewende beitragen, als es ein einzelner Bauherr kann", so die FW/UNA-Vorsitzende und gelernte Architektin Cordula Breitenfellner. Siegfried Frank, Vorsitzender der FW Wendelstein ergänzt: "Zur Energiewende gehören auch die beiden Faktoren der Energieeffizienz und der Energieeinsparung. Allein jeder Haushalt könnte mit einer Systemoptimierung und individuelle Anlagenüberwachung seiner Heizung schon einiges zur Energieeinsparung beitragen. Ausreichend dezentral angeordnete Energiespeichermöglichkeiten sind ein weiterer Faktor, ohne die eine Energiewende wegen der fehlenden Versorgungssicherheit scheitern würde."
Der bundesweite Ausbau der Stromtrassen mit einer Verstärkung der Freileitungsübertragung von 220 kV auf 380 kV erregt derzeit vielerorts, auch in Winkelhaid, die Gemüter. Hier verläuft die Stromtrasse ab dem Umspannwerk Altdorf-Ludersheim quer über das besiedelte Gemeindegebiet. Eine westliche Verlegung der Trasse ist nicht unproblematisch, da hierdurch in geschützte Bereiche des Lorenzer Reichswaldes eingegriffen würde. Der Winkelhaider FW Vorsitzende Ulrich Kretschmer dazu: "Heute gilt der 25.000 ha große in seiner ökologisch-klimatischen Funktion als so genannte Grüne Lunge und der Naherholung dienende Nürnberger Reichswald aufgrund seiner Artenvielfalt von Flora und Fauna als besonders schützenswert und wurde deshalb als erster Wald Bayerns zum Bannwald erklärt. Zwischenzeitlich wurde er zusätzlich als Europäisches Vogelschutzgebiet und Natura-2000-Gebiet ausgewiesen und ist an vielen Stellen erklärtes Wasserschutzgebiet mit kulturstiftenden Gewässern, wie der Schwarzach mit ihrer Klamm als Archiv der Erdgeschichte. Der Reichswald dient zudem als Ausgleichsraum zum Ballungsraum Nürnberg-Fürth-Erlangen. Auf der anderen Seite ist eine gute Infrastruktur Grundvoraussetzung für einen lebensfähigen und lebenswerten ländlichen Raum, zu dem weite Teile des Nürnberger Lands zählen. Zwingend notwendige Infrastrukturmaßnahmen im sensiblen Bereich des Nürnberger Reichswaldes sind mit entsprechendem Augenmaß durchzuführen. Eine denkbare Lösung dieses Problems von Hochspannungsleitungen in sensiblen Abschnitten, insbesondere in Siedlungsbereichen, von denen bei dem hier oftmals vorliegenden mangelnden Abstand auf Dauer eine Gesundheitsgefährdung durch Elektrosmog und Schadstoffaerosolen ausgehen kann, würde deshalb die technisch durchaus machbare, aber kostenaufwendigere Erdverkabelung darstellen."
Die derzeit geplanten Infrastrukturmaßnahmen mit Eingriff in den Lorenzer Reichswald betreffen aber nicht nur den Energiesektor, sondern auch den Verkehrsbereich. Zwischen Winkelhaid und Feucht soll neben dem notwendigen Lückenschluss des Fahrradweges, der von den FREIEN WÄHLERN schon lange gefordert und befürwortet wird, nun auch die bestehende Staatsstraße ausgebaut und verbreitert werden. Dazu der FW-Vorsitzende von Feucht Heinz Fleischmann: "Die Notwendigkeit der Erneuerung des in weiten Teilen beschädigten Asphaltbelages, eine Entschärfung von engen und unübersichtlichen Stellen sowie eine leichte Verbreiterung zur Erhöhung der Sicherheit ist gegeben. Der für die Staatsstraße zuständige Freistaat Bayern plant jedoch in weiten Teilen einen komplett neuen Straßenverlauf, der eine Tempoerhöhung von 80 auf 100 km/h zulässt. Damit verbunden wäre eine unnötig massive Abholzung des unmittelbar angrenzenden Lorenzer Reichswaldes. Der Verlust an wertvoller Natur wiegt bei der Streckenlänge den möglichen Zeitgewinn von kaum zwei Minuten in keiner Weise auf! Niemand hier im südlichen Landkreis benötigt eine neue Rennstrecke. Unter dem bestehenden und vollkommen intakten Radweg befinden sich zudem die kommunalen Versorgungsleitungen der Marktgemeinde Feucht. Bei einer neuen Trassenführung der Staatsstraße müsste auch dieser Radweg verlegt werden, wobei die Kosten für die daraus resultierende Verlegung der Versorgungsleitungen der dafür verantwortlichen Kommune zur Last fallen, der dann die Mittel über Jahre für andere wichtige Dinge im Haushalt fehlen. Das ist der heimischen Bevölkerung kaum zu vermitteln und dem deutschen Steuerzahler nicht zumutbar!"
Der geplante Neubau der beidseitigen, unbewirtschafteten Rastanlage mit WC-Gebäude an der Bundesautobahn A6 auf gemeindefreiem Gebiet nahe Moosbach zwischen den Autobahnkreuzen Nürnberg-Ost und Altdorf wurde ebenfalls erörtert. Dieses so genannte PWC-Ausbauprogramm soll der Verbesserung des Parkplatzangebotes und der kostenfreien Übernachtungsmöglichkeit von LKW-Fahrern an Autobahnen dienen. Für die Errichtung, die Instandhaltung und laufende Reinigung wäre der Staat und damit der Steuerzahler zuständig. Zudem würde eine Realisierung an der geplanten Stelle, einen Eingriff in den Bannwald sowie dem europaweit ausgezeichneten Dünenwanderweg bedeuten. Auch ist eine Gefährdung der in der Nähe liegenden Trinkwasserquellen der Stadt Nürnberg nicht auszuschließen. Mit dem Autohof Alfeld an der BAB A6 existiert in wenigen Kilometern Entfernung bereits ein privat geführter, kostenpflichtiger und deshalb meist nicht ausgelasteter Übernachtungsstellplatz. "Bevor weitere Eingriffe in die Natur für eine neue, kostenintensive PWC-Anlage erfolgen, sollte der Staat grundsätzlich bundesweit prüfen, ob es nicht sinnvoller wäre den Obolus für die LKW-Fahrer auf Übernachtungsstellplätzen privater Anbieter zu übernehmen und somit die Wirtschaft vor Ort zu stärken. Eine Gegenfinanzierung dieser Maßnahme könnte beispielsweise über die LKW-Maut erfolgen. Zudem setzt der Bau von PWC-Anlagen als Quersubventionierung falsche Signale in der bundesweiten Transportpolitik. Der Gütertransport sollte mehr auf die Schiene und das Wasserstraßennetz verlagert werden", so der Leinburger FWG-Vorsitzende Peter Dietl abschließend.