Pressemitteilung vom 26.12.2012
FREIE WÄHLER sehen das Gesundheitssystem in Bayern in Gefahr
ALTDORF - Die Kassenärztliche Vereinigung Bayern hat auf ihrer Vertreterversammlung Mitte November 2012 einen neuen Entwurf der Bereitschaftsdienstordnung verabschiedet. Gemäß diesem Entwurf, der noch durch das Bayerische Gesundheitsministerium genehmigt werden muss, sollen künftig alle Ärzte mit Kassenzulassung bis zur Vollendung des 62. Lebensjahres allgemeinärztlichen Notdienst leisten, also auch die seit Jahren befreiten Berufsgruppen, wie etwa der Radiologen, Pathologen oder Psychiatern. Diesen Berufsgruppen wurde bisher nicht die für den allgemeinärztlichen Notdienst notwendige Kompetenz zugetraut und soll jetzt durch sogenannte Refresh-Schnellkurse in vier Modulen mit insgesamt gerade einmal 17,5 Fortbildungsstunden an freien Wochenenden bzw. Feiertagen erlernt und auf die in Notsituationen befindlichen Patienten losgelassen werden.
Dr. Hartmut Herzog, 2. Bürgermeister der Stadt Altdorf und praktizierender Gynäkologe, kritisiert: "Für den allgemeinärztlichen Notdienst ist ein Erfahrungsund Wissensschatz notwendig, den man nicht so nebenbei einmal erlernen kann. Die Erstversorgung, beispielsweise bei einer Vergiftung oder Herzinfarkt, bedarf einer raschen und vor allem richtigen Diagnose. Die Zuziehung von Ärzten, die eine dafür nicht geeignete Spezialisierung haben, ist in somatischen menschlichen Krisen unverantwortlich! Dass die Kassenärztliche Vereinigung Bayern, die doch sonst immer so viel Wert auf Qualitätssicherung legt, dies den Patienten zumuten will, kann ich als verantwortungsvoller Mediziner nicht nachvollziehen. Die Lösung für die Aufrechterhaltung eines guten Gesundheitssystems in Bayern kann nun wirklich nicht darin liegen, dass dafür nicht qualifizierte Arztgruppen zum Notdienst herangezogen werden. Hier muss schnellstmöglich zum Wohle der Patienten nachgebessert werden!“
Die FW/UNA-Vorsitzende Cordula Breitenfellner ergänzt: "Wenn der ländliche Raum nicht weiter an Attraktivität verlieren will, brauchen wir eine flächendeckende und funktionierende wohnortnahe Gesundheitsversorgung. Das Bayerische Gesundheitsministerium setzt dabei auf die Möglichkeit der sogenannten Telemedizin, um den dortigen Fachärztemangel auszugleichen. Dabei sollen die Ärzte auf dem Land die Befunde zur Diagnoseerstellung und zur Therapieplanung via Internet an Fachmedizinzentren weiterleiten. Doch die Versorgung des ländlichen Raumes mit schnellem Internet, zu dem auch die Stadt Altdorf mit ihren Außenorten zählt, ist aufgrund fehlender Rentabilität für die großen Betreibergesellschaften nicht gegeben. Wie soll also die Telemedizin im ländlichen Raum verwirklicht werden, wenn noch nicht einmal die notwendige Datenrate gesendet werden kann. Bis hier alle erforderlichen Daten übermittelt und ausgewertet sind, wäre im absoluten Notfall der Patient wahrscheinlich schon verstorben! Im Bayerischen Staatshaushalt müssen endlich weit mehr Fördermittel für die Versorgung des ländlichen Raumes mit schnellem Internet eingestellt werden, als jetzt vorgesehen.“